SSR - Solid State Relays (für AC)


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Einleitung
Grundlagen
Ansteuerung
Zero-Crossing-Circuit
Snubber-Circuit
Überspannungsschutz
Kühlung
Beispieltypen
typischer Fehler

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Einleitung

Beim Umgang mit Netzspannung ist höchste Vorsicht geboten. Teile des Layouts, die Anschlussklemmen sowie die metallischen Teile an der Oberseite der SSR führen Netzspannung!

Will man mit einer kleinen elektronischen Schaltung (z.B. mit einem Mikrocontroller) große Lasten Schalten, dann verwendete man früher Leistungstransistoren, Triacs oder Relais. Transistoren eigneten sich nur für Gleichspannung, Triacs erforderten eine zusätzliche galvanische Trennung und Relais benötigten einen Steuertransistor.
Irgendwann packte jemand einen Triac und einen Optokoppler in ein Gehäuse, und erfand das SSR. Damit gibt es nun eine einfache Möglichkeit große Wechselspannungsverbraucher anzusteuern. Bei Reichelt kostet ein Sharp S202S02 deutlich unter 4 Euro, benötigt nur 8 mA Steuerstrom und schaltet bei der Netzspannung von 230 VAC bis zu 8 A. Das klingt doch interessant genug, um sich damit etwas näher zu beschäftigen.

Es gibt auch SSR, die an Stelle des Triac einen oder mehrere MOSFETS einsetzen. Eine LED beleuchtet dann eine Fotozelle, deren Spannung den MOSFET aktiviert. Solche OPTOMOS-SSR unterscheiden sich von den hier beschriebenen SSR grundsätzlich in ihren Eigenschaften (können z.B. DC schalten). Ich beschreibe hier nur SSR mit Triac, da sie preislich am interessantesten sind!

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Grundlagen

Ein SSR enthält eine Leuchtdiode (LED) (ersetzt die Relais-Spule) und einen optisch steuerbaren Triac (ersetzt die Relais-Kontakte). Lässt man durch die LED einen ausreichend großen Strom fließen, dann wird der Triac aktiv und verbindet die beiden Ausgangspins des SSR wie die Kontakte eines Relais. Nur ausschalten kann man einen Triac leider nicht. Er bleibt so lange aktiv (und das Relais damit geschlossen) solange ein ausreichender Strom durch ihn fließt (meist etwa 50 mA). Unterschreitet der Triac-Strom diesen Wert (und ist die LED aus), dann schaltet sich der Triac selbsttätig ab. Aus diesem Grunde eignet sich ein SSR nur für Wechselstrom, da dort der Stromfluss durch die geschlossenen Kontakte des SSR 100 mal pro Sekunde Null wird. Stoppt man den Stromfluss durch die LED, dann schaltet das SSR beim nächsten Nulldurchgang des Wechselstromes ab. Die kleine Abschaltverzögerung von maximal 10 ms kann man meist vernachlässigen, da herkömmliche Relais oft noch langsamer reagieren.

Dieses Abschaltverhalten ist auch vorteilhaft, wenn man induktive Lasten (Motoren, Transformatoren ...) schalten will. Da die Abschaltung bei einem geringen Strom erfolgt, ist die entstehende Induktionsspannung klein.


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Ansteuerung

Hinter den Eingangspins (+ und -) des SSR verbirgt sich eine interne Leuchtdiode ohne Vorwiderstand. Um das SSR zu aktivieren, muss hier ein Strom von (je nach Typ) 8 mA bis 20 mA fließen. Auf keinen Fall darf der Strom aber 50 mA überschreiten. Die LED hat einen Spannungsabfall von ca. 1,2 V, womit alle Angaben zur Verfügung stehen, um den zum Betrieb nötigen Vorwiderstand zu berechnen.

Ein S202S02 benötigt mindestens 8 mA. Sicherheitshalber wähle ich ca.15 mA als Sollwert für den Steuerstrom. Als Steuerspannung stehen im Beispiel 5 V zur Verfügung
R = U / I = (5V-1,2V) / 15mA = 253 Ohm.

Mit einem 270-Ohm-Widerstand liegt man noch im sicheren Bereich (14 mA).
Eingangsbeschaltung
Es kann hilfreich sein, in die Ansteuerleitung noch eine externe LED einzuschleifen, die dann optisch anzeigt, ob das SSR gerade angesteuert wird. Der Spannungsabfall dieser externen LED muss dann in der Berechnung berücksichtigt werden. Mit einer roten oder grünen Signal-LED (1,5 V Spannungsabfall) vermindert sich der Wert des Vorwiderstandes auf etwa 150 Ohm.
R = U / I = (5V-1,2V-1,5V) / 15mA = 153 Ohm.

In Sperrrichtung verträgt die LED des SSR nicht mehr als 6 V.
Eingangsbeschaltung

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Zero-Crossing-Circuit

Normalerweise wird gewünscht, dass der Triac sofort einschaltet, wenn man die LED ansteuert. Für Phasenanschnittssteuerungen ist das sogar unabdingbar.
Oft ist es aber von Vorteil, wenn das E
inschalten beim Nulldurchgang der Wechselspannung erfolgt. Dafür gibt es spezielle SSR mit zero-crossing-circuit. Diese warten nach dem Anlegen der LED-Spannung bis die AC-Spannung an den SSR-Kontakten wieder durch Null läuft. Dann wird der Triac aktiviert. Dadurch entfällt der ansonsten starke Einschaltstromstoß, der Störsignale in der Schaltung verursachen kann.

Mit Ausnahme von Phasenanschnittssteuerungen würde ich immer SSRs mit zero-crossing-circuit einsetzen.


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Snubber-Circuit

Normalerweise wird der Triac aktiv, wenn er durch die LED beleuchtet wird. Es gibt aber eine zweite - unerwünschte - Möglichkeit den Triac zu zünden: ein schneller Anstieg der Spannung zwischen den beiden Kontakten des Triac. Das nennt man dann dV/dt-Problem. Für die von mir verwendeten Sharp-SSR beträgt der kritische Anstieg 30 V/us.
Bei den üblichen 230 VAC / 50 Hz sollte sowas ja eigentlich nicht vorkommen, aber je nach Art der Last (z.B. mit Schaltern) kann man sowas eben doch nicht ausschließen. Deshalb sollte man zwischen die beiden Kontakt-Pins des SSR einen sogenannten snubber-circuit schalten. Das ist eine Reihenschaltung aus einem Widerstand und einem Kondensator. Die Werte der beiden Bauteile hängen von der Last ab, aber 47 nF und 47 Ohm sind ein guter Startwert.

Einige SSR haben einen integrierten snubber-circuit (S202S12).

SSR mit snubber-circuit

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Überspannungsschutz

Liegt an den Schalt-Kontakten des SSR eine zu hohe Spannung an, dann stirbt es. Da war das gute alte mechanische Relais deutlich toleranter. Typische Netzspannungs-SSR vertragen meist bis zu 600 V zwischen den Kontakten. Das klingt erst einmal nach viel, ist es aber nicht.  Eine induktive Last kann beim Abschalten sehr leicht eine kurze Spannungsspitze erzeugen, die die 600 V überschreitet, und das SSR zerstört. Der snubber-circuit stellt da nicht immer einen ausreichenden Schutz dar. Besser ist es, noch einen Varistor (400 ... 500 VDC;  250 VAC) parallel zu den Schaltkontakten anzuschließen.
SSR mit snubber-circuit und varistor

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Kühlung

Im Vergleich zum mechanischen Relais hat das SSR sowohl einen höheren Leckstrom wie auch einen größeren "Kontaktwiderstand". Letzteres führt dazu, dass es bei größeren Strömen gekühlt werden muss. (Was dann der Größenvorteil zum mechanischen Relais wieder aufhebt.) Im aktiven Zustand fallen über den Kontakten etwa 1,2 V ab, was bei einem Laststrom von 2 A zu einer Wärmeentwicklung von ca. 2,5 W führt. Das ist dann auch in etwa die Grenze des ungekühlten Betriebes, da das Gehäuse zur Luft einen Wärmewiderstand von ca. 40 K/W aufweist.
Wer größere Ströme schalten will braucht einen geeigneten Kühlkörper, oder muss ein mechanisches Relais (oder OPTOMOS) verwenden.


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Beispieltypen

Die SSRs von Sharp sind nicht zuletzt aufgrund ihres Preises recht beliebt. Hier mal eine Auflistung interessanter Typen:

Bezeichnung
Umax
Imax
I led
Zero-Crossing
Snubber-Circuit
Preis (Reichelt) Euro
S201S06
600 V 3 A
15 mA
Ja
nein 4,40
S202S01
600 V
8 A
8 mA
nein
nein 3,25
S202S02
600 V 8 A 8 mA Ja
nein 3,20
S202S11
600 V 8 A 8 mA nein Ja 7,15
S202S12
600 V 8 A 8 mA Ja Ja 9,15
S216S01 600 V 16 A
20 mA
nein nein -
S216S02
600 V 16 A 20 mA
Ja nein 5,35

Das S202S01/02 ist beim Schalten ohmscher Lasten ein ausgesprochen preiswertes SSR. Ich habe es z.B. hier verbaut.


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typischer Fehler

Abschließend mal ein Beispiel dafür, wie man SSR nicht betreiben sollte.

In der Warmwasserversorgung meines Hauses steuere ich mehrere Pumpen und eine Kugelventil mit SSRs an. Ich verwendete die zero-crossing-Typen S202S02 und verzichtete anfangs auf jegliche Schutzbeschaltung. Trotzdem machten die Pumpen mit ihren ca. 50 W Leistungsaufnahme keine Probleme.

Ganz anders allerdings das elektrisch gesteuerte Kugelventil. Es hatte 3 Anschlussleitungen. Eine war an "Neutral" angeschlossen, und die beiden anderen wurden wahlweise mit Phase verbunden, um das Ventil zu öffnen oder zu schließen. Da der Motor des Ventils gerade einmal 5 W aufnahm, machte ich mir um Induktionsspitzen keine Gedanken, die 10 mal stärkeren Pumpen ließen sich ja auch schalten. Das war ein Fehler.

Nach wenigen Tagen Betrieb, waren beide SSR der Ventilsteuerung ausgefallen! Beide ließen nun jeweils eine Halbwelle der Netzspannung dauerhaft durch. Was war geschehen? Ein Blick in die Innereien des Ventils offenbarte das Problem.

Der Motor des Ventils hat zwei Spulen, die über einen Kondensator verbunden sind. Dieser wirkt als Phasenschieber. Je nachdem, welche Eingangsleitung nun mit 230 VAC verbunden wird, erhält eine Spule die 230-VAC-Spannung, und die andere Spule eine phasenverschobene Version dieser Spannung. Dadurch erreicht man wahlweise Rechtslauf oder Linkslauf. Schon diese Phasenverschiebung sorgte dafür, dass am passiven SSR 340 VAC anlagen. Die Spitzenspannung beträgt dabei ±480 V  (peak) und liegt damit nur noch 120 V unter der zulässigen Höchstspannung des SSR.

Endschalter unterbrechen den Stromfluss zum Motor in der Endstellung des Ventils. Da das durchaus mitten in einer Halbwelle der 230 VAC passieren kann, entstehen hohe Induktionsspitzen in beiden Motorspulen. Durch den anderen (in diesem Moment ja geschlossenen) Endschalter und den Kondensator gelangt diese Induktionsspitze mit voller Wucht zum abgeschalteten SSR. Schon nach wenigen Ventilbewegungen waren dadurch beide SSR zerstört (mit Folgeschäden am Ventilantrieb).

Ich tauschte die SSRs durch S202S12 mit snubber-circuit und montierte über den SSR-Ausgängen 500-V-Varistoren.
Auch die SSRs der Pumpen bekamen nachträglich 400-V-Varistoren spendiert. Es kann ja immer mal mitten im Pumpenbetrieb der Strom ausfallen - mit vergleichbaren Induktionsfolgen.

Ventilsteuerung

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Autor: sprut

erstellt: 23.08.2011
letzte Änderung: 24.08.2011